Großer Josef Krainer Preis
- Hofrat i.R. Dipl.-Ing. Dr. Wolfdieter Dreibholz (Architektur)
- Em. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. h.c Karla Kowalski (Architektur)
Heimatpreis
- Franz Cserni (Unternehmertum und Kunst)
- Familie Grossauer (Gastronomie)
- Mag. Annemarie Schlack, MA (Kinder- und Menschenrechte)
- Spafudla (Musik)
- Hans Stolz (Kultur)
- Univ.-Prof. Mag. Dr. Anita Ziegerhofer und Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. Helmut Eberhart (Landesgeschichte und Landeskultur)
Die Krainer-Preisträgerinnen und Preisträger mit Obmann Gerald Schöpfer
© Foto: LandSteiermark/Fischer
Laudationes
HEIMATPREISE 2024
Franz Cserni
Franz Cserni wurde am 2. Oktober 1939 in eine von Zerstörung geprägte Welt hineingeboren, doch schon 1945begann für ihn eine neue Ära. Aufgewachsen in einem Umfeld, das von Umbrüchen und Neubeginnen gekennzeichnet war, besuchte er zunächst die Volkschule – ohne Schulgebäude, ein Hinweis auf die Entbehrungen dieser Zeit.Doch bereits in der Hauptschule konnte er die Fortschritte der Nachkriegszeit erleben, als ein neues Schulgebäude errichtet wurde. Seine Schulzeit endete 1960, und mit der Entscheidung, das Tischlerhandwerk zu erlernen, begann ein langer Weg der beruflichen und persönlichen Entwicklung. Die Meisterschule am Ortweinplatz und die darauf folgende Meisterprüfung prägten seine frühen Jahre und stellten die Weichen für eine erfolgreiche Karriere.
Die Jahre zwischen 1961 und 1990 waren eine Zeit des kontinuierlichen Wandels und Wachstums. Franz Cserni erlebte den ersten Ausbau seines Unternehmens, und die stetige Erweiterung stellte eine nie endende Herausforderung dar. Besonders prägend war der Abschnitt dieser Zeit, in dem er seine Frau Ingrid heiratete, und gemeinsam mit ihr die Freude an zwei Kindern erlebte. „Wir sind eine Familie“, ein Satz, der nicht nur für das Private, sondern auch für das Unternehmen eine prägende Bedeutung hatte. In diesen Jahren überschritt das Unternehmen schließlich die Grenzen der Steiermark und erweiterte sich auf die Nachbarländer, getragen von dem Qualitätsanspruch „Made in Styria“.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich Cserni auch in der Innung, wo er als Vize-Innungsmeister einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Handwerks leistete. Zudem war er viele Jahre als Vizebürgermeister in seiner Heimatstadt tätig, wo er die Geschicke der Stadt mitgestaltete. Seine Arbeit in der Stadtgemeinde und der Innung ermöglichte ihm, weit über die Grenzen seines Handwerks hinaus Verantwortung zu übernehmen.
Eine weitere wichtige Station in seinem Leben war die Aufnahme in den Verein der Oberlander Graz, ein Engagement, das es ihm ermöglichte, sich aktiv in der Pflege des steirischen Brauchtums und der Geselligkeit zu betätigen. Besonders am Herzen lag ihm immer auch die Hilfe für bedürftige Menschen, ein Thema, das er in seine Arbeit und sein Engagement integrierte.
Mit der Übergabe des Unternehmens an seinen Sohn Martin erlebte Franz Cserni einen weiteren Wendepunkt: Die Firma, die nun einen neuen Fokus auf Wohnen, Architektur und Hochbau legte, zeigte sich in einer neuen Struktur. Das Gerberhaus, dessen Eröffnung im Jahr 2004 Franz Cserni als Gründer und erster Obmann maßgeblich mitgestaltete, avancierte schnell zu einem kulturellen Fixpunkt der Region.
Auch im Bereich der Kunst setzte Cserni neue Akzente. Mit zahlreichen Ausstellungen und der Teilnahme an Kulturprojekten erweiterte er sein kreatives Wirken und knüpfte neue Kontakte, die ihn immer wieder inspirierten. Ein Leben, geprägt von Vielfalt und Engagement, das die Grenzen des Handwerks hinauswuchs und sich zu einer kulturellen und gesellschaftlichen Kraft entwickelte.
Familie Grossauer
Franz Grossauer wird in seiner Familie nicht ohne Grund als „Patron“ bezeichnet. Doch statt mafiöser Machenschaften geht es hier um das gastronomische Imperium eines Mannes, der seine Familie nicht nur privat, sondern auch beruflich stets an seiner Seite wusste.
Geboren am 4. Dezember 1957 in Übelbach bei Graz, wuchs Franz Grossauer in einer Familie auf, die mit Gastronomie wenig zu tun hatte. Der Großvater war Schuster und Fellhändler, der Vater Elektriker. Doch schon früh zog es ihn in die Gastronomie, beginnend mit einer Lehre als Kellner im Hotel-Restaurant „Ohnime“ in Graz. Es war der erste Schritt auf einem langen Weg, der ihn von den saisonalen Tätigkeiten in Hotels in Lech und Zürs am Arlberg bis hin zu seiner ersten Geschäftsführung im Restaurant „Schlossberg“ führte.
1983 wagte er gemeinsam mit seiner Frau Herta den Schritt in die Selbstständigkeit und übernahm die „Wa-Back“ Schaumrollenproduktion in Graz. Diese Entscheidung war der Grundstein für das spätere Wachstum der Grossauer Unternehmensgruppe, die heute zu den größten Gastronomiebetrieben Österreichs gehört. Das „Café Grossauer“, 1984 eröffnet, wurde schnell zum Treffpunkt für jene, die das Motto des Hauses – „Gästen genussvolle Momente bieten“ – zu schätzen wussten.
Innerhalb von vier Jahrzehnten entstanden unter seiner Leitung und mit Unterstützung der Familie zahlreiche herausragende Betriebe: Vom „Glöckl Bräu“ in Graz (2001) und dem „Gösser Bräu“ (2004) bis hin zum internationalen Erfolg der „el Gaucho“-Restaurants, die Standorte in Graz, Baden, Wien und München umfassen. Weitere Meilensteine sind das „Restaurant Schlossberg“ (2007), das innovative „Streets: Famous Food & Drinks“ (2018) und die Genuss-Pension Herti in seinem Elternhaus in Übelbach (2017). Dabei setzte er stets auf eine Mischung aus traditioneller Gastlichkeit und innovativen Konzepten, die sowohl Einheimische als auch internationale Gäste anzogen. Auch die „Grossauer Events“ – von der Formel 1 bis zum Münchner Oktoberfest – prägten seinen Erfolg.
Auch die jüngsten Projekte, wie die „Grossauer Homes“ (2019), die „Grossauer Gourmetküche“ (2019) und das Fischrestaurant „Fischwirt im Urmeer“ (2020), zeigen seine Fähigkeit, Tradition und moderne Konzepte zu verbinden. Die Krönung des Erfolgs kam durch zahlreiche Auszeichnungen: Franz Grossauer wurde unter anderem 2015 und 2016 zum „Gastronom des Jahres“ gekürt und 2017 in der Kategorie Dienstleistung, Handel und Tourismus als „Top of Styria“ ausgezeichnet. Dieses beeindruckende Portfolio macht ihn zu einem der einflussreichsten Gastronomen des Landes.
Doch trotz all seiner beruflichen Erfolge bleibt die Familie im Mittelpunkt seines Schaffens. Mit sechs Kindern und 16 Enkelkindern, die teils in den Betrieben mitarbeiten, hat er es geschafft, das Unternehmen von einer kleinen Familienproduktion zu einem florierenden Gastronomiekonzern zu entwickeln. Franz Grossauer bleibt ein Paradebeispiel für unternehmerische Vision, Familienzusammenhalt und gastronomische Leidenschaft. Und wie der „Pate“ in seiner Familie als Autorität anerkannt wird, so ist auch er in der Gastronomie nicht nur ein Geschäftsmann, sondern eine prägende Figur.
Mag. Annemarie Schlack, MA
Wenn man den Begriff „pragmatische Idealistin“ hört, könnte man meinen, Annemarie Schlack hätte sich vorgenommen, das Unmögliche möglich zu machen. Doch wenn man ihre Karriere betrachtet, scheint genau das ihr Leitmotiv zu sein. Mit einem beeindruckenden Mix aus juristischem Sachverstand, organisatorischem Feingefühl und einer unermüdlichen Vision für eine gerechtere Welt hat sie sich in den letzten zwei Jahrzehnten in der nationalen und internationalen NGO-Landschaft einen Namen gemacht.
Geboren am 27. April 1976 in Graz, begann ihr Weg mit einem Studium der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität in Graz, das sie 2000 mit dem Magister-Titel abschloss. Doch Annemarie Schlack wollte mehr als nur Paragraphen jonglieren – sie wollte Veränderung bewirken. Mit einem Masterabschluss in Conflict Resolution an der University of Bradford in Großbritannien bereitete sie sich darauf vor, globale Herausforderungen aktiv anzugehen.
Ihre Karriere startete sie mit Stationen bei angesehenen Organisationen wie dem International Peace Bureau in Genf und dem Global Policy Forum in New York. Projekte wie Friedenserziehung in Brooklyn und Jerusalem und die Organisation von Konferenzen über Waffenkontrolle zeigten schon früh ihre Fähigkeit, komplexe Themen mit Herzblut und Struktur zu vereinen.
Im Laufe ihrer Laufbahn erwarb sie nicht nur fundiertes Wissen, sondern baute auch ein beeindruckendes Netzwerk auf. Als sie ab 2004 bei SOS-Kinderdorf International arbeitete, setzte sie Meilensteine in der globalen Anwaltschaft für Kinderrechte – darunter die Mitentwicklung der UN-Richtlinien für die Fremdbetreuung von Kindern. Ihre Führungsqualitäten kamen besonders zur Geltung, als sie später als Bereichsleiterin in der Föderation für die erste globale SOS-Kampagne verantwortlich war, die in 21 Ländern durchgeführt wurde.
Als Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich führte sie die Organisation in neue Höhen: Sie vergrößerte das Team, steigerte die Spenden und etablierte den Bereich Menschenrechtsbildung. Seit 2023 ist sie nun wieder bei SOS-Kinderdorf tätig, diesmal in der Geschäftsführung, wo sie sich unter anderem um nationale und internationale Programme, Kinderschutz und Whistleblowing-Systeme kümmert.
Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit engagiert sich Annemarie Schlack unermüdlich im Ehrenamt: ob als Vorstandsvorsitzende des Bündnisses für Gemeinnützigkeit oder als Mentorin im Teach for Austria-Programm. Ihre Sprachkenntnisse – von Englisch auf C2-Niveau bis hin zu Basiskenntnissen in BKS – und ihre Hobbys wie das Impro-Theater zeigen, dass sie auch abseits der Arbeit einen vielfältigen und kreativen Geist hat.
Was Annemarie Schlack auszeichnet, ist nicht nur ihre fachliche Expertise, sondern vor allem ihre Fähigkeit, Menschen und Organisationen zusammenzubringen, Prozesse zu gestalten und Veränderung nachhaltig zu bewirken. Sie lebt den Anspruch, den sie sich selbst gesetzt hat: eine Welt zu schaffen, in der alle in Freiheit und Würde leben können.
Spafudla
Nun ehren wir nicht eine einzelne Persönlichkeit, sondern eine ganze Gruppe, die seit über zwei Jahrzehnten zeigt, dass musikalische Vielfalt und Tradition Hand in Hand gehen können. Man könnte sagen, sie sind ein echtes Familienunternehmen mit dem Zusatz einer „Studiencombo“. Was damals mit einer Reise nach Spanien begann, hat sich zu einem beeindruckenden musikalischen Projekt entwickelt, das weit über die Grenzen der Steiermark hinaus bekannt ist.
Lucia, Gabriel und Bernadette Froihofer wuchsen in einer Familie auf, in der Volksmusik nicht nur Tradition, sondern gelebter Alltag war. Als Familienmusik Froihofer begleiteten sie den Volkstanzkreis Fischbach und traten gemeinsam mit ihren Eltern bei Veranstaltungen auf. Doch dann kam das Jahr 2001: Eine Spanienreise stand an, die den Eltern wohl etwas zu abenteuerlich erschien. Hier kam die zündende Idee, Gregor Lang und Daniel Fuchsberger ins Ensemble zu holen – und die Spafudla waren geboren.
Lucia Froihofer, Jahrgang 1975, ist eine wahre Virtuosin. Mit einem Studium in Violine, Barockvioline und Instrumentalpädagogik hat sie sich der Alten Musik verschrieben. Als Leiterin der „Neuen Hofkapelle Graz“ und Lehrerin am J.J. Fux Konservatorium sowie an der Kunstuniversität Graz bringt sie barocken Glanz in die Klangwelt der Spafudla.
Bernadette Froihofer, geboren 1982, wählte einen anderen Weg. Mit einem Studium in Psychologie und Pädagogik arbeitet sie heute als Klinische und Gesundheitspsychologin. Doch auch sie trägt mit ihrer musikalischen Begabung zum Ensemble bei – der perfekte Beweis, dass Musik und Menschlichkeit miteinander harmonieren.
Gabriel Froihofer, geboren 1979, hat sich auf Jazz-Schlagzeug spezialisiert. Mit einem Studium in Jazz und Instrumentalpädagogik verbindet er rhythmische Präzision mit kreativem Ausdruck. Als freischaffender Musiker bringt er die Erfahrungen aus Jazz, Weltmusik und Alter Musik in das Ensemble ein.
Daniel Fuchsberger, ebenfalls 1979 geboren, ist ein musikalisches Multitalent. Nach einem Studium in Jazz-Schlagzeug, Arrangement und Komposition ist er heute ein gefragter Musiker und Komponist in Wienerlied, Volksmusik und Theater. Zudem bringt er als Mitarbeiter des Steirischen Volksliedwerks seine Expertise direkt in die Weiterentwicklung der Volksmusik ein.
Das ehemalige Mitglied Gregor Lang, das bis 2008 ein wichtiger Teil des Ensembles war, brachte mit seinem Studium der Volksmusik und seiner Tätigkeit als Direktor der Musikschule Birkfeld die steirische Seele in die Spafudla. Seine Arbeit ist bis heute Teil des musikalischen Fundaments der Gruppe.
Mit einem Repertoire, das von alpenländischer Volksmusik über Eigenkompositionen bis hin zu Weltmusik reicht, und einem Instrumentarium, das von Steirischer Harmonika bis Marimba reicht, haben die Spafudla ihren ganz eigenen Klang geschaffen. Ihre Konzerte auf renommierten Festivals wie der Styriarte oder La Strada, Radio- und Fernsehauftritte und sogar Engagements auf Theaterbühnen sprechen für sich.
Die Spafudla haben es geschafft, das „Beste aus beiden Welten“ zu vereinen: die Verwurzelung in der Tradition und die Offenheit für Neues. Ihre Musik ist gelebte Vielfalt, die Grenzen überschreitet – sei es geografisch, stilistisch oder kulturell.
Hans Stolz
Hans Stolz, geboren am 6. Dezember 1944 in Graz, verkörpert eine unermüdliche Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Kunst und Publikum. Schon in jungen Jahren prägte ihn seine Zeit in Wien, wo er bei Robert und Einzi Stolz lebte. Dort wuchs er förmlich in die Welt des Musikverlages hinein, deren Verwaltung und Pflege sein Lebenswerk werden sollten. Mit einer Hingabe, die ihresgleichen sucht, widmet er sich seither der Bewahrung und Verbreitung des musikalischen Erbes von Robert Stolz – in Österreich und weit darüber hinaus.
Seine Arbeit ist getragen von einem tiefen Verständnis für die Bedeutung von Musik als kulturelles Erbe. Mit Vorträgen und Moderationen, die von großer Sachkenntnis und Leidenschaft geprägt sind, bringt er Menschen in vielen Ländern die österreichische Musikgeschichte näher. Dabei verknüpft er immer wieder geschickt die Schönheit der Werke von Robert Stolz mit der reichen Kultur der Steiermark und eröffnet so neue Perspektiven auf diese Region.
Besonders wichtig ist ihm die Zusammenarbeit mit Musikern, Orchestern und Sängern, durch die er eine Vielzahl von Möglichkeiten für die Präsenz der steirischen Musik erschließt. Ein besonderes Anliegen ist seine Verbindung zum Steirischen Blasmusikverband. Alljährlich stiftet er die Robert-Stolz-Medaille, die bei den Wertungsspielen an die besten Orchester vergeben und im Rahmen der Verleihung des Steirischen Panthers überreicht wird – ein Zeichen seiner Wertschätzung für die musikalische Exzellenz in der Region.
Sein Engagement geht jedoch weit über diese sichtbaren Zeichen hinaus. Hans Stolz verfügt über ein umfangreichstes Archiv an Noten, Tondokumenten, Musikaufnahmen und historischen Videos. Mit modernster Technik hat er große Teile dieses Schatzes digitalisiert und so nicht nur bewahrt, sondern auch einer globalen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese kostbaren Raritäten sind durch seine Arbeit jederzeit und überall abrufbar – ein Vermächtnis, das weit in die Zukunft reicht.
Ob durch Vorträge in großen Hallen, Interviews in den Medien oder den persönlichen Kontakt mit seinem Publikum: Hans Stolz gewinnt Herzen für die Steiermark, für ihre Musik und für ihr kulturelles Erbe. Sein Leben ist ein Zeugnis dafür, wie eine tiefe Liebe zur Kunst zu einer unvergleichlichen Quelle der Inspiration für viele werden kann.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Anita Ziegerhofer
Man sagt, Rechtswissenschaftler arbeiten mit dem, was ist, und Rechtsgeschichtler mit dem, was war. Doch Anita Ziegerhofer beweist, dass es zwischen diesen Disziplinen keine unüberwindbaren Grenzen gibt – und das nicht nur, weil sie selbst aus einem Grenzgebiet stammt. 1965 in Bad Radkersburg geboren und in Spielfeld, direkt an der Grenze zwischen der Steiermark und Slowenien, aufgewachsen, hat sie früh gelernt, Grenzen als etwas Verbindendes zu sehen.
Nach der Matura am BRG Leibnitz 1984 widmete sie sich zunächst dem Studium der Geschichte an der Universität Graz, das sie 1993 abschloss. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ihre Leidenschaft für interdisziplinäre Perspektiven ab, und so begann sie ihre wissenschaftliche Laufbahn als Assistentin am Institut für Rechtsgeschichte. Ihr beruflicher Weg führte sie tief in die Verbindung von Rechts- und Zeitgeschichte, die sie 2003 mit ihrer Habilitationsschrift zur Paneuropa-Bewegung und deren Gründer Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi manifestierte. Diese Arbeit, die im Böhlau-Verlag veröffentlicht wurde, öffnete ihr die Tür zu einer Vielzahl wissenschaftlicher Netzwerke.
Mit der Professur für Rechtsgeschichte im Jahr 2021 schrieb Anita Ziegerhofer selbst Geschichte: Sie ist die erste Frau in diesem Fach an der Universität Graz seit der Gründung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät im Jahr 1778. Ihre Forschung, die von der europäischen Integrationsrechtsgeschichte ab dem 14. Jahrhundert bis hin zur Verfassungsrechtsentwicklung des 20. Jahrhunderts reicht, zeigt eine bemerkenswerte thematische Breite. Besonders die Gender-Dimensionen des Rechts sowie ihre regionalgeschichtlichen Arbeiten, wie etwa die „Geschichte der Steiermark ab 1918 – Vom Rand ins Zentrum“, prägen ihr wissenschaftliches Profil.
Als Leiterin bedeutender Forschungsprojekte, darunter ein FWF-Projekt zum Vertrag von St. Germain, und als Herausgeberin zahlreicher Publikationen hat sie Maßstäbe gesetzt. Ihre Mitgliedschaften in renommierten wissenschaftlichen Vereinigungen, etwa der Deutschen Vereinigung für Verfassungsgeschichte oder der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, unterstreichen ihren Ruf als anerkannte Expertin. Zudem wirkt sie als Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Haslauer-Bibliothek und fördert so den Dialog zwischen Forschung und Gesellschaft.
Anita Ziegerhofer wurde für ihre Leistungen mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter der Kardinal-Innitzer-Preis, der Leopold-Kunschak-Preis, der Käthe-Leichter-Preis sowie das Ehrenzeichen des Landes Steiermark für Wissenschaft und Forschung. Mit dem Iustitia Award 2024 für Forschung wird zuletzt ihr außergewöhnlicher Beitrag zur Verbindung von Recht und Geschichte gewürdigt.
Wenn Anita Ziegerhofer von sich selbst als Grenzgängerin spricht, dann meint sie nicht nur geographische Grenzen, sondern auch die, die zwischen Disziplinen und Epochen verlaufen. Ihre Arbeit zeigt, dass diese Grenzen keine Trennlinien, sondern Begegnungsräume sind – eine Perspektive, die die Wissenschaft bereichert und Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlägt.
Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. Helmut Eberhart
Da nun nur noch ein Preisträger ausständig ist, könnte man meinen, wir alle machen uns bald auf den Heimweg. Und auf diesem Weg werden wir wohl an der ein oder anderen Tankstelle vorbeifahren – einem Ort, der uns allen vertraut ist, aber erst durch die Augen von Helmut Eberhart seine wahre kulturelle Bedeutung entfaltet. Schließlich widmete er diesem scheinbar banalen Ort seine jüngste Publikation „Mythos Tankstelle“, die zeigt, dass selbst auf dem Heimweg Kulturgeschichte geschrieben werden kann.
Helmut Eberhart wurde 1953 in Kammern geboren und verbrachte seine Kindheit in Trofaiach und Irdning. Nach dem Hauptschulabschluss 1967 in Irdning führte ihn sein Bildungsweg zum AufbaugHelmut Eberhart wurde 1953 in Kammern geboren und verbrachte seine Kindheit in Trofaiach und Irdning. Nach dem Hauptschulabschluss 1967 in Irdning führte ihn sein Weg zum Aufbaugymnasium nach Horn, wo er 1971 die Matura ablegte. Seinem Interesse an Kultur und Gesellschaft folgend, begann er ein Studium der Volkskunde und Völkerkunde in Graz, das er 1976 mit der Promotion abschloss.
Seine universitäre Laufbahn begann er als Assistent und wurde 1989 zum Assistenzprofessor ernannt. Nach seiner Habilitation 1994 für Volkskunde folgte 1997 die Ernennung zum außerordentlichen Universitätsprofessor. Neben seiner Lehrtätigkeit übernahm er zahlreiche Funktionen an der Universität, darunter das Amt des Studiendekans der Geisteswissenschaftlichen Fakultät von 2007 bis 2017 und die Mitgliedschaft im akademischen Senat.
Helmut Eberhart engagierte sich weit über die Universität hinaus. So war er unter anderem Mitglied der UNESCO-Kommission für das immaterielle Kulturerbe und der Aktion Österreich-Slowakei des Wissenschaftsministeriums. Fachwissenschaftlich setzte er sich als stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Fachverbands für Volkskunde sowie als Vertreter Österreichs im Hauptausschuss der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde ein.
Neben seiner akademischen Karriere arbeitete er zwischen 1975 und 1990 als freier Mitarbeiter des ORF Landesstudios Steiermark, wo er zahlreiche Beiträge gestaltete. Auch als Kurator großer Ausstellungen hat er sich einen Namen gemacht, zuletzt mit der von ihm wissenschaftlich geleiteten Schau „Mythos Tankstelle“ im Volkskundemuseum Graz.
Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Fachgeschichte, Wallfahrtsforschung, den Strukturwandel im ländlichen Raum sowie kulturelle Aspekte Südosteuropas. Helmut Eberhart lehrte an renommierten Universitäten weltweit, von Jerusalem über Wuhan bis Zürich. Für sein Engagement und seine wissenschaftlichen Verdienste wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark und die Ehrenmedaille der Stadt Esztergom.
Mit seinem jüngsten Werk, „Mythos Tankstelle“, das 2024 erschien, zeigt Helmut Eberhart erneut, wie alltägliche Orte zu spannenden Kulturgeschichten werden können – ein wahrer Tank voll Inspiration!
GROSSER PREIS
Hofrat i.R. Dipl.-Ing. Dr. Wolfdieter Dreibholz
Der heutige „große“ Preis passt wohl zu jemandem, der das Konzept von „groß“ stets in seinem Denken und Handeln verankert hat – sei es durch die Zusammenarbeit mit weltbekannten Architekturbüros wie Coop Himmelb(l)au oder durch seine weltumspannenden Reisen, die selbst seinen 70. Geburtstag zu einem globalen Ereignis machten.
Wolfdieter A. W. Dreibholz wurde 1941 in Wien geboren und wuchs mit seinen Schwestern Waltraude, Irmengard und Gerhilde in einer Familie auf, die von den Herausforderungen der Nachkriegszeit geprägt war. Nach dem frühen Verlust des Vaters im Jahr 1945 und mit einer Mutter, die trotz begrenzter Mittel den Bildungshunger ihrer Kinder unterstützte, arbeitete Dreibholz in den Sommermonaten in Schweden, um sich sein Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien zu finanzieren. Dieses schloss er 1966 mit dem Diplom ab, gefolgt von einer Promotion 1977 an der TU Graz.
Sein beruflicher Weg führte ihn von der akademischen Lehre an der TU Graz in den Bereich der Umweltforschung und schließlich zur steirischen Landesregierung, wo er ab 1978 die architektonische Qualität öffentlicher Bauten maßgeblich prägte. Die Einführung von Architekturwettbewerben und die enge Zusammenarbeit mit führenden Architekten waren wesentliche Elemente seiner Vision, die letztlich zur Entwicklung des Begriffs „Grazer Schule“ führten. In seiner Zeit als Leiter der Hochbauplanung von 1984 bis 1998 entstanden markante Bauwerke wie die Gewächshäuser des Botanischen Gartens der Universität Graz und das RESOWI-Zentrum, beide in Zusammenarbeit mit renommierten Architekten.
Parallel dazu war Dreibholz in vielfältigen Funktionen aktiv: als Mitbegründer des Hauses der Architektur in Graz, als Vorsitzender der Grazer Altstadtkommission und als international gefragter Gutachter und Juror. Ab 2000 lenkte er als Geschäftsführer und Partner von Coop Himmelb(l)au prestigeträchtige Projekte wie die Europäische Zentralbank in Frankfurt oder das Musée des Confluences in Lyon. Seine Tätigkeit brachte ihn in zahlreiche Länder, von Südkorea über Aserbaidschan bis nach Dänemark, und beförderte seinen Ruf als „Projektpolitiker“, der stets Wert auf harmonische Arbeitsverhältnisse zwischen Bauherren und Planern legte.
Die wissenschaftliche Seite seines Schaffens blieb ebenfalls bedeutend: Mit Ausstellungen, Vorträgen und Publikationen, etwa zur Architektur der Steiermark oder zu Gunter Domenigs Werk, trug er entscheidend zur Sichtbarkeit österreichischer Baukultur bei. Besonders bemerkenswert ist sein Engagement für das Wohnbau-Modell Steiermark, das partizipative Ansätze und innovative Planungsqualität zusammenbrachte.
Neben all dem behielt Dreibholz stets einen Sinn für die persönliche Entfaltung und die seiner Familie: Seine Kinder, Johanna und Paulus, verfolgen erfolgreich ihre eigenen Wege in der Medizin und im Design – beide geprägt von der Neugier und dem kosmopolitischen Geist ihres Vaters.
Mit diesem beeindruckenden Lebenswerk verkörpert Wolfdieter Dreibholz nicht nur die Essenz eines Architekten und Kulturvermittlers, sondern auch die eines leidenschaftlichen Weltbürgers, der sich mit großer Hingabe der Verbindung von Architektur, Politik und Gesellschaft verschrieben hat.
Em. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. h.c. Karla Kowalski
Auch der nächste Preis bleibt der Architektur treu – und das scheint fast schon ein architektonischer Plan zu sein. Doch während wir uns in der letzten Ehrung noch der „Grazer Schule“ widmeten, werfen wir heute einen Blick auf ein Architektenduo, das nicht nur mit seiner Arbeit, sondern auch durch seine besondere Partnerschaft Maßstäbe gesetzt hat: Karla Kowalski und Michael Szyszkowitz.
Michael Szyszkowitz, geboren 1944 in Graz, war ein echter Steirer mit internationalem Weitblick. Nach dem Architekturstudium an der TU Graz und Aufenthalten an der Internationalen Sommerakademie in Salzburg, bei Bakema in Rotterdam und Candilis in Paris, prägte er die Architekturwelt mit seiner Vielseitigkeit. Von der Mitarbeit an den Olympiabauten in München bis zur Mitgründung des Hauses der Architektur in Graz, dessen Präsident er von 1994 bis 1999 war, verband Szyszkowitz kreative Entwürfe mit kulturellem Engagement. Seit 1973 arbeitete er eng mit Karla Kowalski zusammen, bis er 2016 verstarb. Sein Vermächtnis lebt jedoch in ihrem gemeinsamen Werk weiter.
Karla Kowalski, 1941 in Beuthen, Oberschlesien, geboren, hat ebenfalls eine beeindruckende Karriere vorzuweisen. Nach dem Architekturstudium an der TU Darmstadt und einem Postgraduate-Studium an der Architectural Association School in London brachte sie ihre Talente bei Behnisch & Partner für die Olympiabauten in München ein. Seit 1973 bildete sie mit Szyszkowitz ein Architektenteam, das durch Projekte in Graz, Stuttgart, München und Frankfurt hervorstach. Von 1988 bis 2003 war sie Professorin an der Universität Stuttgart und leitete das Institut für Öffentliche Bauten und Entwerfen.
Gemeinsam führten sie ab 1978 ihr Architekturbüro in Graz, das Kowalski nach Szyszkowitz‘ Tod bis vor Kurzem weiterbetrieb. Ihr gemeinsames Werk wurde in zahlreichen Publikationen und Ausstellungen dokumentiert. Besonders hervorzuheben sind die Übergaben ihres architektonischen Vorlasses an Institutionen wie die Akademie der Künste Berlin, das Architekturzentrum Wien und die TU Graz. Neben der Architektur widmete sich Kowalski auch der Kunst: Ihre Tierplastiken und Landschaftszeichnungen fanden sowohl in Österreich als auch international Beachtung.
Das Duo zeigt eindrucksvoll, wie Architektur nicht nur Gebäude, sondern auch Zusammenarbeit und Austausch gestalten kann. Michael Szyszkowitz und Karla Kowalski haben bewiesen, dass Architektur die Fähigkeit besitzt, Brücken zu schlagen – zwischen Menschen, Kulturen und über Zeit und Raum hinaus.