Josef-Krainer-Heimatpreise 2005 an zehn Persönlichkeiten
Angesichts der Globalisierung mit ihrer wachsenden Unüberschaubarkeit hat der Begriff Heimat neuen Wert gewonnen. Das zeigte sich wiederum bei der Verleihung der Josef-Krainer-Heimatpreise, die in Würdigung des 1971 plötzlich verstorbenen Landeshauptmannes Josef Krainer sen. jährlich am 28. November verliehen werden.
Prominente aus weiten Bereichen der Gesellschaft hatten sich im Weißen Saal der Grazer Burg eingefunden, die Überreichung der Preise nahm Univ.-Prof. DDr. Gerald Schöpfer, Obmann des Josef-Krainer-Gedenkwerks vor. Die Laudationes leitete er jeweils mit einem treffenden Zitat ein, das Publikum dankte dafür mit fröhlicher Stimmung.
Feier in der Grazer Burg: Prof. DDr. Gerald Schöpfer, LH a. D. Dr. Josef Krainer, Dr. Rodolfo Zilli, Helga Sieber, Helga Plautz, LH a. D. Waltraud Klasnic, Karl Polzhofer, Dr. Alois Kogler, Christina Pluhar, Prof. Mag. Dr. Ernst Lasnik. Dahinter ein „Krieglacher“, Mag. Matta Wagnest, zwei „Krieglacher“, LH-Stellvertreter Gerhard Schützenhöfer, drei „Krieglacher“.
Foto: Fischer
Dr. Alois Kogler
Wo alles auf Leistung eingestellt ist, wird selbst das Vergnügen zur Schwerarbeit. Wer aber den Willen zum Sieg hat, dem wird auch die Schwerarbeit zum Vergnügen. Was motiviert eigentlich Spitzensportler zu ihren Spitzenleistungen? Archibald Joseph Cronin sagte einmal: „Aller Leistung liegt ein Sieg über sich selbst zugrunde.“
Der Sportpsychologe Dr. Alois Kogler, laut der Zeitschrift „Unizeit“ ein „ursteirischer Landbub mit gymnasial-klösterlicher Karriere und vielen Studien: Mathematik, Physik, Soziologie und Psychologie“, hat vielen Sportlern zu einem Platz am Siegespodest verholfen. So ist Kogler nicht nur Journalist, Klinischer Psychologe, Sportpsychologe und Verhaltenstherapeut, sondern auch erfolgreicher Unternehmensberater. Ab 1990 betreut er Spitzensportler für die verschiedenen Weltmeisterschaften und die Olympischen Spiele. Und er verhalf vielen zu ihren Erfolgen. Kogler lehrt auch an der Karl-Franzens-Universität, z. B. im Bereich Medienpsychologie im Medienlehrgang.
Die Krieglacher
Puristen unterscheiden zwischen der Volksmusik im engeren Sinn und der volkstümlichen Musik, die meist eine Kombination von Popmusik, Schlager und traditioneller Volksmusik darstellt. Die Grenzen sind fließend. Marcel Prawy meinte: „Ich finde, dass der Gedanke der verfälschten Volksmusik – genau das, was man dem Musikantenstadl vorwirft – eigentlich ein Königsgedanke ist.“
Die Gruppe entstand in den achtziger Jahren. Da schlossen sich sechs Musiker zu den „Krieglacher Spatzen“ zusammen. Die Gruppe wurde immer beliebter, es folgten Auslandsgastspiele, z. B. beim österreichischen Nationalfeiertag in Toronto. Gastgeber war Konsul Frank Stronach. Nach Ansicht der Fans waren die „Spatzen“ mittlerweile erwachsen geworden. Dies war der Anstoß, den Namen auf „Die Krieglacher“ umzuwandeln. Den größten Erfolg landeten „Die Krieglacher“ im Frühjahr 2005 bei der Vorentscheidung zum Grand Prix der Volksmusik. Mit „A starke Frau“ konnten die sechs Musiker beim nationalen Wettbewerb den ersten Platz erringen.
Prof. Mag. Dr. Ernst Lasnik
Der unvergessene Hanns Koren schrieb einmal: „Heimat ist nicht Enge, sondern Tiefe.“ „Grabe, wo du stehst“ lautet ein zentrales Anliegen der regional-geschichtlichen Forschung. Wer in die Geheimnisse seiner näheren Umgebung einzudringen vermag, entdeckt seine eigene Verankerung, seine eigenen Wurzeln.
Ernst Lasnik entwickelte unzählige Aktivitäten, von der Ruinenkonservierung bis zu Bauwerksanierungen. Mit seinem Buch „Das braune Gold – Die Geschichte der weststeirischen Kohlenreviere“ erstellte er ein besonderes Zeitdokument und schuf damit ein Denkmal für alle Bergleute und deren Arbeit. Er war auch Organisator und Gestalter vieler Ausstellungen: Darunter seien die Landesausstellungen „Glas & Kohle“ (Bärnbach 1988) und „Mythos Pferd“ (Piber 2003) hervorgehoben. Lasnik hat auch zahlreiche Museen eingerichtet und weitere interessante Bücher verfasst, er ist gleichsam das personifizierte Lexikon der Weststeiermark und ein unermüdlicher Motor der steirischen Volkskunde.
Helga Plautz
Der boshafte deutsche Nationalökonom und Journalist Karl Bücher meinte einmal: „Den vornehmen Buchladen betritt das Volk wie eine Apotheke nur im äußersten Notfall.“
Es gibt auch Ausnahmen: In Gleisdorf ist es die Buchhandlung von Helga Plautz, die keinesfalls nur im Notfall betreten wird, sie ist ein kulturelles Zentrum ganz besonderer Art.
Worin liegt nun die Faszination des Mediums Buch? Bei einer Preisfrage nach wichtigen Büchern, die einem im Leben geholfen haben, soll eine Antwort gelautet haben: Das Kochbuch meiner Mutter und das Sparbuch meines Vaters. Im Ernst – Bücher sind ein wunderbarer Schlüssel zu vielen Welten. Sie vertiefen das Bewusstsein, schärfen unser Urteilsvermögen und bringen die Fantasie zum Blühen. Bücher spielen im Leben der Familie Plautz eine zentrale Rolle. Für Helga Plautz ist die Kulturtechnik LESEN das zentrale Bildungsmittel. Sie setzt sich ganz besonders für das Kinder- und Jugendbuch ein. In unzähligen Veranstaltungen sensibilisiert sie immer wieder neue Menschen für Literatur. Dies bewog Staatssekretär Morak dazu, den Großen Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ständig in der Steiermark zu vergeben.
Christina Pluhar
„Musik kennt keine Grenzen, selbst die Grenzen der Zeit verschwimmen … Musik aus einer anderen Zeit klopft an unsere Herzen, als ob eine magische Verbindung bestünde, ein rotes Band, das uns über Zeitspannen verbindet und unsere Herzen verknüpft.“
Diese Worte finden sich auf der Homepage von „arpeggiata“, einem international bekannten französischen Ensemble, spezialisiert auf alte Musik. Gründerin und Leiterin dieses Ensembles ist die Grazerin Christina Pluhar. Mit diesem Ensemble begeistert sie mit CD-Einspielungen und Konzerten das internationale Publikum. Für ihre zahlreichen CDs erhielt sie höchste Preise. Internationale Medien, wie der „Guardian“, die „New York-Times“, „La stampa“ usw., loben ihre Interpretationen in höchsten Tönen. Sie gibt Meisterkurse und unterrichtet seit 1999 Barockharfe am Königlichen Konservatorium in Den Haag.
o. Univ.-Prof. Dr. Götz Pochat
Von Pablo Picasso stammt das Wort: „Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit erkennen lässt.“
Götz Pochat hat sein Leben der Kunst gewidmet, ihm geht es dabei um die theoretische Durchdringung und die historische Dimension. 1987 folgte Pochat dem Ruf an den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seit seinem Antritt an den Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Graz war Pochat stets darum bemüht, die Bande des Instituts mit Stadt und Land zu stärken. Zugleich galt es, Kontakte und Anregungen aus den benachbarten Ländern zu pflegen und so zum Stellenwert der Steiermark beizutragen. Es sei auch nicht verschwiegen, dass Prof. Pochat mitunter als unbequemer Bürger vehement in Erscheinung tritt, wenn er sich ernsthaft Sorgen um das kulturelle Erbe unseres Landes macht. Er ist ein Kunsthistoriker mit großem Engagement und internationalem Niveau.
Karl Polzhofer
Viele fürchten sich vor den Begriffen „gemeinsamer europäischer Markt“ und „Globalisierung“. Man kann die erwähnten Phänomene auch anders sehen und in der Öffnung der Märkte eine ungeheure Chance wittern.
Damit kommt man zu Karl Polzhofer. Seine KAPO Möbelwerkstätten GmbH. entwickelte sich zum „Global Player“. 2005 wurde KAPO der Titel „Bestes Familienunternehmen Steiermark“ verliehen. Ein Blick in die Referenzliste beweist die Internationalität. Höhepunkte waren die Ausstattung des Plenarsaales des Deutschen Bundestages sowie die Einrichtung von über 1000 Büros für das Auswärtige Amt in Berlin. Aber auch die Einrichtung der Österreichischen Nationalbank, zahlreiche Hotelausstattungen im In- und Ausland, die über 1000 verschiedenen Fenster der Hundertwasser-Therme in Blumau. Botschaften, Banken und Versicherungen, der Milliardär Friedrich Karl Flick, Wolfgang Joop, das englische und saudische Königshaus zählen ebenfalls zu den zufriedenen Kunden.
Helga Sieber
Artur Schopenhauer sagte einmal: „Gesundheit ist gewiss nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“
Mit Krankheiten umzugehen ist eine große Herausforderung. Besonders bewunderungswürdig sind jene, welche die eigene Betroffenheit in aktive Hilfe für jene Menschen ummünzen, die vom gleichen Schicksal betroffen sind. Die Multiple Sklerose ist eine entzündliche, neurodegenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems. Jemand, der selbst von dieser Krankheit betroffen ist und sich gleichzeitig auch intensiv für andere Betroffene einsetzt, ist Helga Sieber. Sie gründete 1981 den Multiple-Sklerose-Klub Steiermark, dem sie fortan als Obfrau vorstand, um den Betroffenen Halt zu geben: Sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, nicht zu klagen, sondern für alle, die Ähnliches erleiden müssen, da zu sein.
Um Hilfe für Helga Sieber hat sich auch LAbg. Dr. Karl Maitz, Finanzreferent des Krainer-Gedenkwerks, immer wieder gekümmert.
Mag. Matta Wagnest
Sie wurde 1964 in Graz geboren und verbrachte die Kindheit in einem kleinen weststeirischen Bergdorf. 1985 wurde sie an der Universität für angewandte Kunst, Abteilung Elektroakustik, aufgenommen. Ihr Studium begann sie bei Peter Weibel. In dieser Zeit entstanden ihre ersten Videoarbeiten wie „Simmering Graz Pauker“. 1986 endete ihre öffentliche Kunstaktion in einem Brandanschlag auf das plakatgroße Porträt eines verstorbenen Freundes. So entstand die Videoarbeit „Stationäre Protuberanz“. 1991 erhielt Matta Wagnest den Kunstpreis des Landes Steiermark. Im gleichen Jahr kam es zur Auflösung des Kunst:Raum Wien. Wagnest zog nach Graz ins Atelier Monsbergergasse. Eine Personale in der Neuen Galerie zeigte Arbeiten mit Glas, antikes Mobilar hinter Vitrinen, der gesamte Spiegelsaal wurde zum Ausstellungsobjekt. 1999 entstand während des „steirischen herbstes“ ihre Glasskulptur (orange glasshouse). Inzwischen ist Matta Wagnest eine international anerkannte Künstlerin.
Dr. Rodolfo Zilli
„Der Himmel ist dort, wo die Polizisten Briten sind, die Köche Franzosen, die Mechaniker Deutsche, die Liebhaber Italiener und alles von den Schweizern organisiert wird. Die Hölle ist dort, wo die Köche Briten, die Mechaniker Franzosen, die Liebhaber Schweizer und die Polizisten Deutsche sind und alles von den Italienern organisiert wird.“
Dieses Zitat entspricht natürlich nicht der Political Correctness. Es zeigt aber, dass der Weg zum gemeinsamen Europa mit vielen Vorurteilen gespickt ist. Es gibt aber polyglotte Europabürger, welche allein schon durch ihre Vita zeigen, dass die europäischen Grenzen ein Anachronismus sind: Dazu zählt Dr. Rodolfo Zilli, Sohn des berühmten Bildhauers und Malers Rudolf Zilli. Er hat sich in seiner über 30-jährigen Tätigkeit mit aller Energie für ein Europa der Gemeinsamkeiten eingesetzt und vielen führenden Steirern wie Landeshauptmann Dr. Josef Krainer und LH Waltraud Klasnic beim Weg nach Brüssel große Dienste erwiesen. Er sorgte auch für Gastspiele der Grazer Oper in Luxenburg und war gleichsam der heimliche Botschafter der Steiermark bei den Schaltzentralen Europas.
Dr. Rodolfo Zilli hatte Verbindung zu vielen bedeutsamen Europäern wie Robert Schuman, Jacques Santer, Senatspräsident Poher u. a. m. Für seine Leistungen erhielt er eine Reihe hoher Auszeichnungen.
Die Dankesworte der Geehrten sprachen Dr. Alois Kogler und Christina Pluhar.
Quelle: steirische berichte 1/2006 „Erneuerbare Energie sichert die Zukunft“